Nächster Vortrag - Sahara Club Treffen 19.-22. Juni 2025

Die Overland Expo West in Flagstaff Arizona

Nachdem wir für allerlei Abenteuer zu haben sind und es dazu meist keiner großen Überredungskünste bedarf, machten wir uns kurzerhand auf den Weg nach Flagstaff! Zunächst ging es jedoch weiter Richtung Westen, da wir auf eine Antwort warten mussten. Die Plätze auf dem Campingplatz am Fort Tuthill in Flagstaff, wo die OverlandExpo stattfindet, waren ausgebucht, also mussten wir kreativ werden. Wir durchforsteten die Homepage und meldeten uns in letzter Minute als Freiwillige. Als die Nachricht kam, dass wir uns an zwei Tagen jeweils vier Stunden um die Duschen kümmern könnten und dafür kostenlos und direkt neben den Duschen – wie praktisch – campen dürften, sagten wir sofort zu und änderten unseren Kurs. Schließlich soll dies die größte Messe für Overlander in den USA sein, und wir erwarteten Großes. Etwas wie die Abenteuer Allrad in Bad Kissingen, nur eben viel größer – aber dazu später mehr! 

Nach dreieinhalb Tagen Fahrt, Übernachtungen an Truck Stops zwischen riesigen Lastwagen, dem Durchqueren von etwa fünf Klimazonen und Temperaturen zwischen null Grad (Colorado) und 36 Grad (Nebraska), sowie einem Express-Auftrag für Visitenkarten in Albuquerque, erreichten wir am 11. Mai gegen 15:00 Uhr Fort Tuthill in Flagstaff, Arizona. Wir waren ein wenig erstaunt: Es war noch fast nichts aufgebaut, das Areal war relativ klein, und die Organisation war, ich will nicht sagen schlecht, aber nennen wir es minimal. Wir waren gespannt … Vielleicht haben wir als Deutsche und Organisationsmenschen auch einfach zu hohe Ansprüche? 

Die OverlandExpo wurde von Reisenden ins Leben gerufen, um sich auszutauschen. Am Anfang war es nur ein Treffen von ein paar wenigen Fahrzeugen, ähnlich wie bei uns diverse Treffen wie das Pritz oder Därr. Das Ganze fand erstmals 2009 statt. Mittlerweile gibt es eine OverlandExpo West, die jedes Jahr im Mai in Flagstaff, Arizona, stattfindet, und eine OverlandExpo East in Asheville, North Carolina, die immer Ende September stattfindet. In Flagstaff waren es dieses Frühjahr mehr als 250 verschiedene Aussteller. Von Fahrzeugausbauern und Allrad-Vermietern bis hin zu Zubehörverkäufern war alles vertreten. Es gab auch ein riesiges Angebot für Motorradreisende sowie zahlreiche Kurse, wie man sich beispielsweise über ein Steinfeld navigiert oder sein Fahrzeug bergen kann, wenn etwas schiefgelaufen ist. Ein Land Rover Parcours (ähnlich wie in Bad Kissingen auf der Abenteuer Allrad), Filmvorträge und vieles mehr rundeten das Angebot ab. Ich würde sagen, das Angebot an Kursen und Vorträgen ist reichhaltiger als das in Bad Kissingen. 

Was uns auch auffiel, war, dass die Straßenverkehrsgesetze in Nordamerika VIEL lockerer sind als in Deutschland oder speziell in der Schweiz. Man sieht hier Offroadfahrzeuge, die so hoch aufgebockt sind, dass man fast nicht mehr einsteigen kann. Bei uns würde man so etwas niemals zugelassen bekommen, aber hier in den USA ist das offenbar kein Problem!

Bis die OverlandExpo jedoch die Ausmaße einer Abenteuer Allrad in Bad Kissingen erreicht, wird es sicherlich noch einige Jahre dauern. Ich bin mir gar nicht sicher, ob das jemals der Fall sein wird, denn die Community in Europa wächst ständig, wie man auf dem jährlich wachsenden Campingareal in Bad Kissingen sehen kann. Was beide Messen jedoch gemeinsam haben: Das Interessanteste ist die Camp Area. Man findet die unterschiedlichsten Fahrzeuge und Reisetypen. In den USA gibt es zwar noch weniger Exoten als in Bad Kissingen, aber ich denke, das wird sich in Zukunft ändern, da die Amerikaner sehr interessiert an exotischen Offroad-Fahrzeugen sind, wie wir sie in Europa schon seit Jahrzehnten haben. Hier werden zum Teil auch extra Fernreisende aus aller Welt eingeladen, die ihre Fahrzeuge zeigen und von ihren Reisen erzählen können. Wir haben viele dieser Reisenden kennengelernt und halten auch Kontakt zu dem einen oder anderen. Man trifft sich, wenn man zufällig in derselben Ecke unterwegs ist. Darunter waren viele Schweizer, aber auch Deutsche, die zum Teil schon viele Jahre unterwegs sind. Wenn man sich in dieser Szene bewegt, merkt man erst, wie viele Leute es gibt, die mit dem Fahrzeug um die Welt reisen. Zum Beispiel haben wir ein Schweizer Paar kennengelernt, das sieben Jahre mit dem LandCruiser auf jedem Kontinent dieser Erde war. Es waren aber auch Reisende aus Südamerika oder Südafrika dabei. Für mich waren die Exoten jedoch ein türkisches Paar, das mit einem selbstausgebauten Sprinter um die Welt reist. Dann gab es sogar noch einen Iveco, viel jünger als unserer und viel komfortabler, aber wir waren zum ersten Mal nicht alleine.

Diese Messe hat auf jeden Fall Entwicklungspotential, und wir sind uns sicher, dass sie in den nächsten Jahren noch erheblich wachsen wird. Für uns bleibt jedoch, dass die Abenteuer Allrad auf jeden Fall interessanter ist, und das sehen offenbar auch die Amerikaner so, denn jeder kennt hier das europäische Pendant und träumt davon, eines Tages dort hin zu reisen.

Nach vier spannenden Tagen, zahlreichen interessanten Begegnungen und stundenlangen, teils sehr guten Gesprächen schließt die Messe ihre Tore. Es wird Zeit, aufzubrechen und den ursprünglich geplanten Pfad wieder aufzunehmen (mehr oder weniger zumindest), denn was wir aus dieser Übung gelernt haben, ist, dass ein Plan meistens nicht älter als 24 Stunden wird, bis er durch einen neuen ersetzt wird …

Wie wir es in die Zeitung geschafft haben

Wie wir es in die Zeitung geschafft haben und warum wir unbedingt und sofort nach Arizona müssen

Ich muss etwas ausholen. Am 2. Mai sind wir am Lake Michigan im Indiana Dunes State Park, Chesterton, Indiana. Plötzlich bemerken wir, dass der Park Fotos von Muggl auf seiner Facebook-Seite gepostet hat. Wir freuen uns, dass die Leute Muggl mögen. Kurz darauf erreichen uns Kommentare und Mails, unter anderem von Will Nelson aus Ottawa, Illinois. Er ist begeistert und lädt uns in den Starved Rock State Park in Illinois ein. Wir prüfen die Lage: Der Park liegt auf unserer Route, und das Wetter in Illinois soll besser sein als in Indiana, wo es regnet. Also brechen wir auf, guter Dinge, denn das Wetter bessert sich. Doch eine Meile vor dem Ziel haben wir einen Platten! 20 Meter vor einer Kreuzung im Nirgendwo, nur eine Bar am Straßenrand, die einer Holzhütte gleicht. Muggl schleppt sich auf den Parkplatz. Wir holen das Werkzeug heraus, Christoph macht sich an die Arbeit, und ich schreibe Will eine SMS, dass wir uns verspäten. Er antwortet sofort und eilt mit seiner Frau Ashley zu Hilfe. Zehn Minuten später sind sie da. Der Reifen ist schnell gewechselt, und wir schaffen es noch zu einer kleinen Wanderung. Anschließend lädt uns Will zum Abendessen ein. Er ist Mitglied bei den Midwest Overlanders, einer Gemeinschaft, die gerne campt, wandert, jagt, fischt und 4×4 fährt – wie wir jetzt auch! Muggl hat schon Aufkleber bekommen.

Für den nächsten Morgen hat Will uns in seiner Werkstatt angemeldet. Doch sie dürfen Reifen mit Sprengringfelgen nicht wechseln, dafür braucht man eine spezielle Versicherung, die teuer ist. Der Chef schickt uns in eine andere Werkstatt am anderen Ende von La Salle. Dort können sie uns helfen: Der Reifen wird inspiziert, und ein neuer Schlauch eingesetzt. Das Problem war Materialermüdung. Zum Glück war es nur der Schlauch, der Reifen blieb unbeschädigt. Die Leute in der Werkstatt reden wenig, doch der Chef ist neugierig und fragt, woher wir kommen und was wir vorhaben. Ich erzähle ein wenig, und er fragt, ob wir es eilig haben. Nein, eigentlich nicht, wir sind ja auf Reisen. Er telefoniert kurz, und ich höre nur Bruchstücke: „I have here peopleyou might be interested… when can you be here?“ Wir sollen kurz warten. Zehn Minuten später steht Kevin mit Notizblock und Stift vor uns. Kevin ist Reporter bei der regionalen Zeitung La Salle NewsTribune und sehr interessiert an uns. Hier passiert sonst nichts, meint er. Wir sind gerne bereit, die Sensation zu sein.

Wir verbringen ein paar Tage mit den Midwest Overlanders, werden zum Mitgliedertreffen samt Dinner eingeladen und gehen campen. Am folgenden Wochenende sind wir am Mississippi River, der die Grenze zwischen Iowa und Illinois bildet. Nun kommen wir zum Punkt, warum wir unbedingt nach Arizona müssen: Die Jungs erzählen von einer OverlandExpo, die am kommenden Wochenende in Flagstaff stattfindet. Wir müssen unbedingt hin, es sei die größte in den USA, mit vielen Ausstellern und Reisenden. Wir wissen, wo Arizona liegt, aber nicht, wie weit es ist, und fragen nach. Die Antwort: „Just 3000 miles and you have to pass Nebraska.“ Die Amerikaner sind wahnsinnig freundlich und geben sofort Ratschläge, was man wo machen und sehen muss. Nur zu Nebraska fällt keinem etwas ein. Nebraska ist von Ost nach West gut 570 km breit, flach wie Holland und besteht nur aus Rinderherden und Maisfeldern. Als wir erklären, dass wir solchen Orten gerne ein „you won’t hang dead over a fence“ anfügen, meint Joe bedächtig: „Yeah, that’s Nebraska!“

Am Sonntag, den 7. Mai, gegen 14:00 Uhr, verlassen wir das Camp in Richtung Westen. Wir wissen beide, dass wir nach Flagstaff fahren werden, doch keiner traut sich, es auszusprechen.

Wie kommt Muggl über den grossen Teich?

Verschiffung von Hamburg nach Baltimore

Mit der Grande Dakar, einem Containerschiff mit Roll-on/Roll-off-Deck, fand unser Muggl seinen Platz. Fünf Monate vor Abfahrt buchten wir den Transport bei Seabridge in Düsseldorf. Auf deren Website kann man Maße und Gewicht seines Fahrzeugs eingeben und erhält sofort ein kostenloses Angebot. Mehr dazu unter: https://www.seabridge-tours.de. Aus Kostengründen wählten wir die günstigere Roll-on/Roll-off-Option, bei der das Auto direkt aufs Schiff fährt. Im Laderaum lassen sich die Etagen je nach Fahrzeuggröße anpassen, ähnlich wie bei einem Autotransporter. Man sagte uns, keine Lebensmittel, Gewürze oder Getränke im Fahrzeug zu lassen. Daher brachten wir zwei Flaschen Brunello, Honig und Olivenöl im Fluggepäck mit. Doch weder in Hamburg noch in Baltimore kontrollierte man das Fahrzeug, und niemand fragte nach. Wir hätten uns den Stress sparen können, aber es bleibt ein Risiko, diese Dinge abgeben oder eine Strafe zahlen zu müssen, falls doch kontrolliert wird. Man sagte uns auch, die Wohnraumbatterie abzuklemmen, was wir pflichtbewusst taten. Doch der Hafenmitarbeiter in Hamburg meinte, das sei unnötig.

Am 15. März gaben wir Muggl im Hamburger Hafen ab. Nur eine Person durfte aufs Gelände, während ich im Warteraum zwischen LKW-Fahrern wartete und Christoph Muggl dem Hafenmeister übergab. Nichts wurde kontrolliert; das geschehe, wenn überhaupt, in Baltimore, meinte der Hafenmitarbeiter. Am 18. März ging Muggl an Bord und sollte planmäßig am 6. April in Baltimore ankommen. Seabridge schickte uns einen Link, um die Route zu verfolgen. Doch das Schiff verspätete sich wegen Eisbergen, die sich in Grönland gelöst hatten. Über 600 Eisberge trieben im Meer, was den Schiffen große Schwierigkeiten und den Reedereien immense Kosten bereitete. Muggl kam eine Woche später in Baltimore an. Vorher drehte er vor New York seine Runden und wartete auf einen Anlegeplatz. Auch in Baltimore gab es Stau, da viele Schiffe aus Europa wegen der Eisberge verspätet waren.

Um Muggl in Baltimore abzuholen, benötigten wir einen Guide, da Privatpersonen nicht aufs Hafengelände dürfen. Auf Empfehlung von Seabridge engagierten wir Heinz Müller. Der über 80-jährige Müller kam vor 53 Jahren für einen Job in die USA, der nur fünf Jahre dauern sollte. Damit er Muggl abholen konnte, brauchte er die Nummernschilder, einen Versicherungsnachweis und den Fahrzeugschein. Er musste auch wissen, wo die Batterie ist, da viele Wohnmobile mit leerer Batterie ankommen. Nach zwei Stunden Wartezeit bekamen wir Muggl um 16:00 Uhr zurück. Die Siegel auf Türen, Klappen und Boxen waren unversehrt, und alles war intakt. Muggl sprang sofort an. Ein Tipp: Kauft in Europa einen Adapter für amerikanische Gasflaschen. Er kostet 30 Euro und ermöglicht den Kauf einer gefüllten Gasflasche in den USA für 50 USD. Den Adapter gibt es ebenfalls bei Seabridge.

Kosten:
– Verschiffung: 1800 Euro
– Unterbodenwäsche in Hamburg: 60 Euro
– Hafengebühr Baltimore: 225 USD
– Hafen Agent (Heinz Müller): 180 USD
– Gesamtkosten: 2220 Euro

Die ersten Tage und ein Road Trip warm up

Wir können kaum fassen, dass zweieinhalb Jahre Vorbereitung nun endlich vorbei sind. Nie hätte ich gedacht, dass die Organisation einer solchen Reise so viel Zeit und Mühe kostet.

Am 4. April fliegen wir nach New York (JFK), wo wir die ersten Tage bei meiner Freundin Mae und ihrem Mann Tony in Queens verbringen. Wir genießen die Zeit und entspannen, doch dass wir am Anfang eines großen Projekts stehen, realisieren wir noch nicht. Das braucht wohl noch ein paar Tage oder Wochen?!

New York begrüßt uns mit Sonnenschein. Da wir die Stadt schon kennen, verspüren wir keinen Druck, alles zu sehen. Wir füttern Eichhörnchen im Central Park, spazieren über die Brooklyn Bridge, besuchen ein Musical am Broadway, schlendern über den Farmers Market am Union Square, suchen Graffitis in Williamsburg und kochen für unsere Gastgeber Gulasch mit Semmelknödel. Mae und Tony sind gespannt und können es kaum erwarten, zu probieren. Am 6. April sollte Muggl in Baltimore ankommen, und wir wollten ihn am 10. April abholen. Doch nicht alles läuft nach Plan: Muggl verspätet sich! Mehr dazu im Artikel „Wie kommt Muggl über den großen Teich?“ Die Ankunft verzögert sich um eine Woche, und wir bekommen ihn erst am 17. April. Für die Fahrt von New York nach Baltimore mieten wir ein Auto. Das ist günstig, flexibel und praktisch, da wir einiges an Gepäck haben. Wir verlängern die Mietzeit und erkunden die Ostküste, denn die Stadt haben wir satt, uns zieht es aufs Land. In den USA habe ich oft Autos gemietet, immer das kleinste, wie einen Ford Focus oder Toyota. Das reicht, um von A nach B zu kommen. Doch diesmal, mit einem Mann an meiner Seite, verlassen wir die Mietstation am JFK in einem weißen Mustang Cabrio.

Die Frau dort hatte großen Spaß mit uns, wir auch 🙂 Unser Roadtrip beginnt und führt uns direkt nach Washington. Wir hoffen, noch etwas von der Kirschblüte zu sehen, die wegen eines späten Wintereinbruchs später blüht. Doch leider sind die meisten Bäume schon verblüht. Trotzdem genießen wir die Stadt und das schöne Wetter. Strahlender Sonnenschein bei 29 Grad, und alle unsere Sommerklamotten sind im Muggl! Wer hätte gedacht, dass wir Anfang April so weit südlich und bei solchen Temperaturen landen?! Washington, mit knapp über 600.000 Einwohnern, wirkt im Vergleich zum hektischen New York mit über 8,5 Millionen wie eine Kleinstadt, genau das Richtige für uns. Die Stadt ist aufgeräumt, entspannt und ruhig. Wir besuchen die Denkmäler fast aller US-Präsidenten, inklusive Weißem Haus. Am Ende des Tages haben wir fast 15 km zu Fuß zurückgelegt. Da Washington klein ist, fahren wir am nächsten Tag weiter, ohne festen Plan, Richtung Küste, meist über Land, und landen in Rehoboth Beach, Delaware. Ein kleiner Urlaubsort in der Vorsaison, wo wir ein nettes Motel finden, durch Läden bummeln und am Strand spazieren. Hier ist im Sommer sicher viel los.

Am nächsten Morgen geht es an der Atlantikküste weiter Richtung Süden, durch Virginia und den Chesapeake Bay Bridge-Tunnel, eine der längsten Brücken-Tunnel-Kombinationen der Welt mit 37 km. Man fährt erst auf eine Brücke, die dann im Meer versinkt, taucht wieder auf, fährt übers Meer und taucht erneut ab, bis man wieder auf die Brücke kommt, die einen aufs Festland bringt. Wir übernachten in Virginia Beach, das klingt schöner, als es ist. Ein Urlaubsort in der Vorsaison, eher für junge Leute zum Spring Break. Das Angebot besteht hauptsächlich aus Bars, Fast-Food-Restaurants und Spielhallen, doch wir finden ein leckeres Restaurant zum Abendessen. Dafür haben wir ein Händchen. Von Virginia Beach machen wir einen Abstecher nach North Carolina und landen zum späten Frühstück im verschlafenen Petersburg, Virginia, wo wir uns in ein kleines Café in der Altstadt setzen.

Ein älterer Herr fragt, woher wir kommen und was uns nach Petersburg führt. Als wir erzählen, dass wir am Anfang einer eineinhalbjährigen Reise entlang der Panamericana stehen, geht ein einstimmiges „Ooohhh“ durchs Café, und wir haben die volle Aufmerksamkeit. Wir kommen kaum zum Essen, weil uns die Leute so interessiert ausfragen. Schließlich lädt man uns nach Los Angeles zu einer privaten Feier zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli ein. Das sollte zeitlich passen, und wir sind gespannt, was uns dort erwartet. Wir ziehen weiter, durch kleine historische Städtchen, vorbei an Farmen, und landen in Charlottesville, einer lebhaften Studentenstadt. In dieser Woche haben wir schon viel gesehen und verschiedene Seiten der USA erlebt. Wir sind gespannt, was uns noch erwartet, wenn wir erst richtig weit fahren. 

Am 16. April, nach 1300 Meilen (etwa 2100 km), geben wir unser Pferdchen am Flughafen Washington zurück. Es hat Spaß gemacht, vor allem, weil wir die ganze Zeit offen fahren konnten 🙂

Endlich haben wir Muggl wieder

Wir sitzen im Wartebereich unseres Spediteurs am Hafen von Baltimore. Heinz Mueller, unser beauftragter Guide, hat sich mit den Papieren und dem Schlüssel auf den Weg gemacht, um Muggl für uns abzuholen. Ein Hauch von Nervosität liegt in der Luft. Wird alles reibungslos verlaufen? Kommt er problemlos durch den Zoll? Sind die Papiere in Ordnung? Gibt es Beanstandungen? Haben wir versehentlich etwas dabei, das nicht erlaubt ist? Und wird er anspringen? Fragen über FragenWir müssen abwarten und uns mit amerikanischem Filterkaffee begnügen, während wir unzählige Male die Toilette aufsuchen, bis endlich das Telefon klingelt. Er ist da! Die Vorfreude ist kaum zu bändigen, und der Weg zum Parkplatz scheint endlos.

Da steht er nun, in seiner vollen Pracht, genau wie wir ihn vor vier Wochen in Hamburg abgegeben haben. Türen und Klappen sind versiegelt, und wir entdecken nur zwei, drei kleine Schrammen, die neu aussehen. Doch das ist bei Muggl nicht weiter von Bedeutung, denn er ist ja nicht mehr der Jüngste. Wir machen ihn startklar, verstauen unser Gepäck und fahren mit den letzten Tropfen im Tank zur nächsten Tankstelle. Für die Überfahrt musste der Tank ja nahezu leer sein. 

Am nächsten Tag steht das Einräumen an. Alles, was mit Muggl gekommen ist, hatten wir seefest in Schachteln verstaut, damit nichts umherfliegt. Ich kann euch sagen, das ist schlimmer als ein Umzug, denn alles muss verstaut werden, und zwar so, dass die Dinge, die man am häufigsten braucht, gut zugänglich sind. Da der Platz begrenzt ist, muss alles wie ein riesiges Puzzle ineinander passen. Beim Umzug hat man oft noch Wochen später ein oder zwei (oder sogar mehr) Kartons herumstehen mit Zeug, für das man noch keinen Platz gefunden hat. Das geht hier nicht! Eineinhalb Tage spielen wir Tetris, bis auch das letzte Kleinteil seinen Platz gefunden hat. In den ersten Tagen wird trotzdem noch umgeräumt, bis wir herausgefunden haben, was wo am praktischsten ist. Das hatten wir komplett unterschätzt! 

Das einzige, was uns jetzt noch von einem entspannten Roadtrip abhält, ist der pfeifende Keilriemen. Muggl hatte beim letzten Check vor der Abreise einen neuen bekommen, der anfangs ein bisschen pfiff, dann aber aufhörte. Jetzt pfeift er fröhlich weiter, was vor allem in den kleinen Ortschaften, durch die wir fahren, ziemlich peinlich ist. Wir fallen farblich ja schon genug auf. Wir beschließen, die kleinste Autowerkstatt am Straßenrand zu suchen (und davon gibt es viele) und lassen den Keilriemen nachspannen. Zuerst stehen wir erstaunten Gesichtern gegenüber: „Was ist denn das? So etwas haben wir ja noch nie gesehen.“ Einer zückt gleich Stift und Zettel, notiert sich Modell und Typ und googelt erst einmal. Amerikaner googeln einfach alles oder schauen sich YouTube-Videos an. Die Jungs kriegen das aber trotzdem recht schnell hin und meinen, so einen sehen sie wohl nicht noch einmal. Wir fahren weiter und freuen uns, dass wir endlich nicht mehr die lautesten auf der Straße sind.

Es geht weiter nach Norden, und da wir meistens Landstraßen fahren, kommen wir an Bauernhöfen und Pferdekutschen der Amish vorbei, nehmen spontan an einem Hot Rod/Vintage Car-Treffen teil und besuchen Farmersmärkte der Mormonen. So arbeiten wir uns ziemlich schnell nach Kanada hoch, denn der Osten der USA ist nicht sehr camperfreundlich. Campingplätze sind selten, und wenn man einen findet, hat er entweder noch nicht geöffnet oder ist wahnsinnig teuer. Free Camping zu finden ist schwer, außerdem müssen wir erst noch herausfinden, wo man darf und wo nicht und wie man solche Plätze findet. Man sagt uns, dass es im Westen viel besser wird. Dort gibt es mehr State Forests und National Forests, wo man kostenlos campen darf, und außerdem BLM-Land, das heißt öffentliches Land, das jedem gehört und jeder nutzen darf.

So übernachten wir, bis wir den Westen endlich erreichen, was ja noch eine Weile dauert, auf Parkplätzen von Supermärkten, Restaurants, Tankstellen, Truckstops und, wenn es denn sein muss, auch auf einem Campingplatz. Oder bei Marc im Gästezimmer, und das ging so: Wir fahren durch Pennsylvania, als wir es verpassen, abzubiegen und umdrehen müssen. Beim Umdrehen sehen wir einen kleinen Park, daneben ein Diner. Weil das so nett aussieht, gehe ich hinein und frage, ob wir in diesem Park übernachten dürften. Linda, die Besitzerin des Diners, meint, im Park wäre das schlecht, weil der Sheriff abends dort seine Runden dreht und uns wegschicken könnte. Aber auf ihrem Parkplatz wären wir herzlich willkommen. Gut, so machen wir das. Wir gehen noch eine kleine Runde im Park spazieren und essen dann eine Kleinigkeit im Diner. Linda fragt uns, was wir machen und woher wir kommen. Als wir sagen, dass wir reisen und aus Deutschland kommen, ist sie ganz begeistert. Sie muss sofort ihren Schwager anrufen, dessen Verlobte bis Juli noch in Deutschland arbeitet und dann pensioniert wird. Zehn Minuten später ist Marc da. Wir unterhalten uns, und er lädt uns zu sich auf ein Bier oder einen Kaffee und in sein Gästezimmer ein, damit wir am Morgen auch noch duschen können. Auch Linda lädt uns zum Dinner ein. Wir sind von der Gastfreundschaft der Amerikaner überwältigt!

Baltikum – Lettland

Lettland

Der Weg durch Lettland führt uns durch immer größere und dichtere Wälder, weil wir die großen Straßen meiden und oft abgelegene Waldwege wählen. Was das Navi als Straße anzeigt, erstaunt uns sehr. Unser schwammerlsüchtiger Fahrer verschwindet immer wieder im Wald, um Pilze zu sammeln. Ich zweifle, ob so viele Pilze gesund sind. Immerhin kennt er sich aus, da bin ich beruhigt. Ich fürchte eher, wir könnten irgendwann leuchten.

Nach so viel Natur zieht es uns in die Stadt: Riga. Das bedeutet, wir müssen ein bis zwei Nächte auf einem Citycampingplatz verbringen, dicht an dicht mit anderen Campern. Das ist nicht unser Ding, aber es ist nur für kurze Zeit. Den Tag in Riga verbringen wir in der Stadt, vor allem in den riesigen Markthallen. Seit 1910 gibt es dort einen Markt, der nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgebaut und vergrößert wurde. Heute umfasst das Gelände mit den Markthallen 5,7 Hektar, davon sind 1,6 Hektar überdacht. Man findet hier fast alles und kann sich ewig umsehen. Diesmal kaufen wir die Schwammerl statt sie selbst zu sammeln, und abends gibt es Rahmschwammerl mit Semmelknödel.

Am nächsten Morgen zieht es uns wieder hinaus, genauer gesagt an die Küste. Wir treffen Korbinian, einen Freund aus meiner oberbayerischen Heimat, und Hund Charly in Kolka. Diesmal stimmen die Koordinaten aus dem Spiegelartikel. Wir finden einen kleinen Parkplatz am Meer mit schönem Sandstrand und Feuerstelle, wo wir abends gemütlich am Lagerfeuer sitzen.

Am Morgen beschließen wir, ins Wasser zu gehen. Schließlich sind wir im Urlaub, und ohne im Meer zu baden, geht es nicht. Außerdem ist es windstill, und Sommerfeeling kommt auf. Am Strand sitzen wir in Campingstühlen, während ein pfälzisches Ehepaar in Decken gehüllt und mit Daunenjacken bis zur Nasenspitze zugezogen ein Thermometer in der Hand hält. „12 Grad hat das Wasser“, rufen sie herüber. Da müssen wir durch, und das Wasser ist bei weitem nicht so kalt wie erwartet. Dennoch wird das Wetter kühler, je weiter wir nach Norden kommen, und die Shorts rutschen im Schrank immer weiter nach hinten.

Fazit: Wir leuchten noch nicht, aber wir sind auch noch nicht daheim, und das Gefrierfach ist voll!

Baltikum, die langersehnte Testfahrt

Die Testfahrt kann starten

Wir wollten wissen, wie unser Fahrzeug läuft, wie lange unsere Wasservorräte reichen, ob die Elektroinstallation hält und wie die Dusche funktioniert. Die baltischen Staaten sind ein Camper-Paradies: Man darf fast überall wild campen und findet schöne Plätze mit Feuerstellen und Plumpsklos. Die Balten sind stolz auf ihre Wälder, und jeder ist willkommen. Man kann Berge von Pilzen und Heidelbeeren sammeln, was Christoph besonders freut, da er Schwammerl liebt.

Wer nach Litauen will, muss seinen Weg sorgfältig wählen und die schmale Schneise zwischen den beiden Russlands beachten. Der einzige Zugang führt über Polen, denn an der Küste gibt es ein „kleines“ Russland, das uns bisher nie aufgefallen ist. Im Landesinneren liegt Weißrussland. Man landet schnell unbeabsichtigt in der Nähe der Grenze, was dort nicht gut ankommt.

Unser Weg führt uns durch grüne Landschaften und holprige Straßen über Druskininkai nach Vilnius, einer schönen Stadt mit freundlichen Menschen. Bei 25 Grad herrscht Urlaubsfeeling! 30 Kilometer nördlich liegt Trakai mit seiner mittelalterlichen Wasserburg – eine Bilderbuchkulisse, zwar touristisch, aber unbedingt einen Ausflug wert.

Alle paar Tage steuern wir einen Campingplatz an, um Wasser aufzufüllen und die sanitären Anlagen zu genießen. Die Koordinaten für den nächsten Campingplatz fanden wir in einem Reiseartikel des Spiegels. Unser Navi führte uns immer weiter auf schmaleren Straßen in eine abgelegene Gegend. Schließlich standen wir bei einem älteren Herren im Hof, der leicht angetrunken, aber amüsiert über unser Erscheinen war. Christoph blieb im Fahrzeug, da wir ein Batterieproblem hatten und ihn nicht abstellen konnten. Der Herr sprach kein Wort Englisch oder Deutsch und erklärte mit Händen und Füßen. Der Alkohol erschwerte das Verständnis. Schließlich führte er mich hinter das Haus und deutete über den Fluss. Vielleicht waren wir einfach auf der falschen Seite? Nebenbei deutete er, dass man dort angeln könne, und sprach ein paar Brocken Deutsch: einszehn, zweizehn, dreizehn. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen, und machte ihm klar, dass wir weiter mussten, um auf die andere Seite zu gelangen. Er fand das schade, schenkte mir zum Abschied eine Tomate und ließ mich gehen.

Wir fuhren 20 Kilometer den Fluss entlang zurück, über die Brücke, die wir schon passiert hatten, und etwa auf der Höhe, wo wir dem älteren Herren begegnet waren, standen wir plötzlich vor einem Tor. Was kann das sein? Vielleicht der Eingang zu einem Nationalpark? Wir dachten nichts dabei und fuhren durch. Wer hat schon mal den Eingang eines Nationalparks mit der russischen Grenze verwechselt? Die Grenzbeamtin war not amused, sprach nur Russisch, und auf allen Monitoren war unser Bild. Wir verstanden nichts und wussten nicht, wo wir hinwollten. Sie holte jemanden, der Englisch sprach. Wir erklärten: „We are lost. “ Er sagte, das denke er auch, er könne uns hier nicht reinlassen, da es ein Pendlergrenzübergang sei. Wir erklärten, dass wir gar nicht reinwollten, sondern nur wieder raus.

Geschafft! Was für eine Aufregung! Wir fuhren die 20 Kilometer den Fluss entlang zurück und probierten die letzte Richtung aus, wo wir noch nicht gewesen waren. Endlich fanden wir das, wonach wir über zwei Stunden gesucht hatten.

Am nächsten Morgen bekam unser Fahrzeug eine neue Batterie. Wir hatten eine dabei, da die alte schon länger Probleme machte. Nur wie kriegen wir das schwere Ding heraus? Der Campingplatzbesitzer holte Hilfe, die fünf Minuten später da war. Fünf Minuten später war die Batterie ausgetauscht. Er fragte bescheiden, was wir mit der alten machen wollten. Wir schenkten sie ihm und waren sicher, dass er sie wieder zum Laufen bringen würde.

Die nächste Sehenswürdigkeit, die man wirklich gesehen haben muss, ist der Hill of Crosses in der Nähe von Šiauliai. Ein ziemlich touristischer Wallfahrtsort, aber sehr beeindruckend. Der Hügel ist mit Tausenden von Kreuzen übersät, die Pilger dort aufstellen, oft mit einem Dank oder Wunsch beschriftet. Auch wir mussten unser Kreuz dort aufstellen, bzw. hängen. Selbstgebaut, natürlich, mit Hilfe des Werkzeugkastens, Schrauben und Kabelbindern.

Fazit: Die Leute hier sind sehr freundlich, kontaktfreudig und hilfsbereit.