Die Polizei, dein Freund und Helfer

Das erste Mal in eine Polizeikontrolle geraten wir im Süden Mexikos – und das ausgerechnet an dem Tag, an dem wir nach Belize ausreisen wollen! Auf Baja California gab es ein paar Militärkontrollen und auch auf dem Festland einige Polizeicheckpoints. Meistens wurden wir durchgewunken, ab und zu befragt, woher wir kommen und wohin wir wollen. Manchmal wollte ein besonders neugieriger Polizist einen Blick in unseren Campervan, Muggl, werfen. Aber eine richtige Polizeikontrolle erlebten wir erst nach etwa 40.000 Kilometern. Nichts in den USA, nichts in Kanada!

Neues Spielzeug bekommen

Es ist Dienstagmorgen, der 20. Februar. Wir haben uns in Chetumal auf den heutigen Grenzübertritt nach Belize vorbereitet und fahren gerade auf der Avenida Insurgentes Richtung Süden, als uns eine Polizistin anhält. „Na bravo“, denken wir uns, „das hat uns gerade noch gefehlt. “ Ausgerechnet am letzten Tag erwischt es uns noch, und ich mache mich auf Verhandlungen mit korrupten Polizeibeamten gefasst. Die junge Beamtin meint, wir wären zu schnell gewesen, und grinst dabei. Ich frage, wie schnell wir denn waren, bekomme aber keine Antwort. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir zu schnell waren, außer diese breit ausgebaute Avenida wäre unsinnigerweise eine 30er Zone. Den Mexikanern traue ich ja alles zu. Wir sind erst etwa vier Kilometer gefahren, und Christoph fährt Muggl immer ganz langsam warm. Also frage ich nochmal, um wie viel wir denn zu schnell waren. Wieder keine Antwort. Die Polizistin scheint sehr amüsiert, und eine mexikanische Polizeikontrolle habe ich mir irgendwie anders vorgestellt.

Hinter der Beamtin tritt ein Polizist hervor, auch er grinst und sagt, wir wären zu schnell gefahren, aber auch er gibt uns keine Antwort, wie schnell wir waren. Mir kommt das alles ganz komisch vor. Als der Polizist einen Schritt zur Seite tritt, sehe ich die Polizistin wieder, in der Hand eine Laserpistole, mit der sie auf das nächste Fahrzeug zielt. Jetzt ist mir alles klar: Die haben gerade neue Laserpistolen bekommen und finden das neue Spielzeug ganz toll. Man drückt uns einen Zettel in die Hand, auf dem steht, man solle doch bitte die Geschwindigkeitsbegrenzungen innerorts respektieren, und wünscht uns gute Fahrt und einen schönen Tag. Wir sind sprachlos, aber happy zugleich und verlassen Mexiko, ohne auch nur einen der berühmt-berüchtigten korrupten Polizisten getroffen zu haben.

Es gibt Sie doch

In Belize, Guatemala, El Salvador und Honduras lässt uns die Polizei ganz in Ruhe. Obwohl es in Guatemala sehr viel Polizeipräsenz und Kontrollen gab, sind Touristen gänzlich uninteressant. Die erste korrupte Polizei begegnet uns tatsächlich in Nicaragua, und ich wundere mich schon ein bisschen, dass die trotz der Unruhen im Land noch Zeit haben, Touristen abzuzocken! Es ist Mittwochvormittag, der 16. Mai, und wir verlassen León Richtung Süden. Am Ortsausgang stehen zwei Polizisten und halten uns an. Einer kommt ans Fenster und meint, wir wären über eine durchgezogene Linie gefahren. Klar, sage ich, muss man hier ja, sonst kann man die Spur nicht wechseln, und wir wollen ja nach Granada und nicht nach León, denn da kommen wir ja gerade her. Eine kurze Diskussion hin und her, er will 20 US-Dollar von uns und winkt mit einem gelben Zettel, der das Ganze offiziell aussehen lassen soll. Ich sage, wir hätten kein Bargeld und verlange einen Einzahlungsschein für die Bank, dann würden wir unsere Strafe natürlich ganz ordnungsgemäß bezahlen. Er geht weg und diskutiert kurz mit seinem Kollegen, dann werden wir weitergewunken. Netter Versuch


Wir warnen gleich die anderen Overlander, die wir in León getroffen haben, denn die wollen am nächsten Morgen in die gleiche Richtung, und tatsächlich erwischt es einen von denen auch. Mit 100 US-Dollar hatten sie es versucht. Muss wohl am Sprinter liegen. Da kommt uns Muggls Alter und dass er schon so verkratzt und verbeult ist, zugute, was das Schmiergeld etwas schmälert. Aber auch die beiden machen es uns nach, verlangen einen Einzahlungsschein und werden weitergeschickt. Bei der Rückfahrt durch Nicaragua sechs Wochen später und in der fortgeschrittenen Krise lässt sich kein Polizist auch nur irgendwo sehen. Die Polizisten sind unter der totalen Kontrolle der diktatorischen Regierung und somit Feind der Bevölkerung, sodass sich die Polizei nicht mehr auf die Straßen traut.

Das nächste Mal besucht uns die Polizei am 23. Mai in einer regnerischen Nacht am Coyote Beach auf der Nicoya-Halbinsel in Costa Rica. Wir hatten einen schönen sonnigen Tag am Strand, und als es gegen halb acht zu regnen anfängt und außerdem schon dunkel ist, gehen wir ins Bett. Um kurz nach neun, uns kommt es vor wie mitten in der Nacht, weil wir ja schon geschlafen haben, weckt uns eine Polizeisirene mit zusätzlicher Discobeleuchtung auf. Das kommt einem schon ein bisschen beängstigend vor, wenn einen die Polizei mit vollem Programm besucht. Ich steige aus, und Christoph meint erst noch zu mir: „Du machst das schon. “ „Spinnst du? Du kommst gefälligst mit raus“, erwidere ich.

Der jüngere der beiden Polizisten ist sehr nett und fragt, ob alles in Ordnung ist, wer wir sind, was wir machen und wie lange wir hier bleiben wollen. Ein anderer, etwas grimmig dreinschauender älterer Polizist verlangt unsere Reisepässe und verschwindet damit. Wir stellen uns unter Muggls Markise und unterhalten uns mit dem jungen Polizisten, der uns erzählt, dass er schon mal in Hamburg war, aber im Herbst, was wohl ein rechter Temperaturschock für ihn gewesen sein muss! Der grimmige kommt wieder und belehrt uns, wie gefährlich es hier wäre und dass ja Raub und Raubmorde im ganzen Land immer wieder vorkämen. Ich verkneife mir zu sagen, dass wir schon fünf Monate in Mexiko überlebt haben und fast zwei in Guatemala. Der junge Polizist hat uns ja schon ausgiebig befragt und erklärt ihm, wir würden ja morgen früh weiterfahren. Der grimmige fragt, ob wir Waffen oder Drogen haben. Wir verneinen, und offenbar glaubt er uns, denn wir werden nicht durchsucht. Er gibt uns unsere Reisepässe zurück und murmelt eine Verabschiedung, bevor er hinter Muggl verschwindet. Der junge Beamte verabschiedet sich mit Handschlag, wünscht uns eine gute Nacht und eine gute Weiterreise.

Mit Costa Rica geht es auch gleich weiter. Am 4. Juni campen wir mit anderen Overlandern mitten in San José am Ende einer Straße hinter einem Walmart inmitten grüner Wiesen. Wir stehen gerade mal eine Stunde, es ist schon dunkel, als fünf Polizisten auf drei Motorrädern ankommen. Und ich sage noch: „Gut, dass die jetzt schon kommen und uns nicht mitten in der Nacht rausklopfen. “ Sie fragen, wo wir herkommen, und wollen unsere Ausweise sehen. Es wäre nicht gut, dass wir hier stehen, wir sollen doch lieber rüber zum Walmart-Parkplatz fahren, da wäre ein Wachmann, das wäre sicherer. Dass der Walmart für uns nicht infrage kommt, war uns vorher schon klar, und ich antworte, wir würden lieber hier stehen bleiben, weil es viel ruhiger ist und auch nicht so hell beleuchtet wie auf dem Parkplatz vom Walmart. Außerdem sind wir ja zu zweit. Begeistert sind sie zwar nicht, trotzdem lassen sie uns hier parken und verschwinden wieder. Wir haben tatsächlich eine sehr ruhige Nacht, und am Morgen gegen sieben Uhr kommt eine neue Truppe vorbei, diesmal vier Polizisten auf zwei Motorrädern, um zu sehen, ob wir noch leben und auch noch vollzählig sind. „Ob alles gut ist? “, fragen sie. „Ja, alles bestens“, antworten wir. Einer der Polizisten verabschiedet sich sogar mit „Auf Wiedersehen“ und „Gute Reise“ auf Deutsch!

Das nächste und das letzte Mal sind wir in Panama dran, und zwar gleich ein paar Kilometer nach der Grenze. Panama ist sehr strikt, was Geschwindigkeitsbegrenzungen angeht, und komischerweise herrscht auf vielen Straßen außerhalb der Ortschaften eine Höchstgeschwindigkeit von nur 40 km/h! Das wurde uns ca. 15 Minuten nach der Grenze fast zum Verhängnis. Mit 67 km/h wurden wir „gelasert“. Ja, richtig gelesen, die Verkehrspolizei in Panama benutzt Laserpistolen! 50 US-Dollar sollte das kosten. Der Polizist sieht in Christophs Pass, dass wir heute erst eingereist sind, und fragt, wie lange wir schon hier wären. „Höchstens 20 Minuten“, sagen wir. „Ohhh“, erwidert er und sagt, er müsse uns ein Ticket schreiben und erklärt, dass wir bis zu unserer Ausreise Zeit hätten, es zu bezahlen, und fängt schon damit an. Wir sind enttäuscht über uns, weil wir nicht aufgepasst haben, und über die Sinnlosigkeit einer Begrenzung von 40 km/h auf dieser schnurgeraden und gut ausgebauten Straße. Der Beamte verschwindet kurz, und ich glaube, er hat sich in dem Moment von seinen Kollegen, es waren insgesamt drei oder vier Polizisten, das Okay geben lassen, uns ziehen zu lassen, denn als er zurückkommt, erklärt er, dass er uns kein Ticket ausstellen wird, aber wir sollen auf die Geschwindigkeitsbegrenzungen achten! Wir können es kaum glauben, sind erstmal sprachlos und bedanken uns eindringlich bei dem freundlichen Polizisten, der uns an unserem ersten Tag in Panama so herzlich begegnet ist.

Auf der Rückreise durch Costa Rica, Nicaragua, Honduras und Guatemala gibt es keine Polizei- oder Militärkontrollen. Erst in Mexiko wird es wieder lustig. Auf der Fahrt von La Mesilla nach San Cristóbal de las Casas in Chiapas, das sind 176 km, kommen wir an drei Militärkontrollen, einer Polizeikontrolle und einem sehr modernen Polizeicheckpoint vorbei. Die drei Militärkontrollen sind, wie wir es schon von Baja California gewohnt sind, neugierige junge Männer, die einfach interessiert, wie ein Campervan von innen aussieht. Die Polizeikontrolle mustert uns nur von außen und winkt uns durch, ohne irgendetwas zu fragen. Am modernen und noch sehr neu aussehenden Checkpoint, wo jeder durch muss, kommen wir uns vor wie an einer Mautstation. Man fährt an die Schranke, wo man auf einen Buzzer drücken muss, der entscheidet dann nach Zufallsprinzip, ob wir kontrolliert werden oder weiterfahren dürfen. Ein grünes oder rotes Licht zeigt an, ob man kontrolliert wird oder nicht. Bei uns leuchtet es natürlich rot. „Bravo“, denken wir, und ein überdurchschnittlich großer Mexikaner (vermutlich der größte Mexikaner aller Zeiten) bittet uns, die Schiebetür zu öffnen. Es kommen aber nur die üblichen Routinefragen, die man sonst auch schon immer gestellt bekommt: Woher? Wohin? Haustiere? Tabakwaren? … etc. Von so einer professionell, ja sogar fast bedrohlich aussehenden Kontrollstation hätte ich fast erwartet, dass sie uns das halbe Auto ausräumen lassen, aber nichts. Auch hier werden wir mit „Buen Viaje“ verabschiedet.

Unser fazit

Wir haben bis auf die Situation in Nicaragua nur positive Erfahrungen mit Polizei und Militär gemacht. Die Menschen sind uns freundlich und höflich begegnet, was vielleicht auch ein bisschen an unserem Reisemobil lag. Das kann ich mir mit einem neueren und/oder größeren Fahrzeug auch anders vorstellen, wie ja auch die Erfahrung unserer Reisefreunde im Sprinter gezeigt hat, von denen 100 US-Dollar für das gleiche „Vergehen“ gefordert wurden. Trotz allem würden wir empfehlen, immer mit ins Fahrzeug zu gehen, wenn jemand hineinsteigen will. Theoretisch muss man sie ja gar nicht reinlassen, aber wir denken einfach, es könnte uns verdächtig machen, wenn wir Nein sagen würden. Polizisten sowie Militärs haben IMMER gefragt, ob sie reinschauen oder reingehen dürfen, wobei nie ein Polizist reingegangen ist, sondern nur Militärs. Außerdem haben wir immer laminierte Kopien unserer IDs und Führerscheine gezeigt. Nur einmal ist das einem Polizisten in Mexiko aufgefallen, und er wollte das Original sehen. Es zu sehen reichte ihm dann auch, er hat es nicht genommen. So war es bei uns. Wir haben aber auch schon Geschichten gehört, wo Reisende ihre Originaldokumente „freikaufen“ mussten oder jemandem bei einer Kontrolle etwas untergejubelt wurde. Man sollte generell vorsichtig sein, aber man muss unserer Erfahrung nach keine Angst davor haben. Ich beginne jede Begegnung immer mit einem Späßchen, was die Situation in der Regel gleich zu Beginn auflockert. Das hilft übrigens auch bei Grenzübergängen und ist natürlich einfacher, wenn man ein bisschen Spanisch spricht.