Endlich haben wir Muggl wieder

Wir sitzen im Wartebereich unseres Spediteurs am Hafen von Baltimore. Heinz Mueller, unser beauftragter Guide, hat sich mit den Papieren und dem Schlüssel auf den Weg gemacht, um Muggl für uns abzuholen. Ein Hauch von Nervosität liegt in der Luft. Wird alles reibungslos verlaufen? Kommt er problemlos durch den Zoll? Sind die Papiere in Ordnung? Gibt es Beanstandungen? Haben wir versehentlich etwas dabei, das nicht erlaubt ist? Und wird er anspringen? Fragen über FragenWir müssen abwarten und uns mit amerikanischem Filterkaffee begnügen, während wir unzählige Male die Toilette aufsuchen, bis endlich das Telefon klingelt. Er ist da! Die Vorfreude ist kaum zu bändigen, und der Weg zum Parkplatz scheint endlos.

Da steht er nun, in seiner vollen Pracht, genau wie wir ihn vor vier Wochen in Hamburg abgegeben haben. Türen und Klappen sind versiegelt, und wir entdecken nur zwei, drei kleine Schrammen, die neu aussehen. Doch das ist bei Muggl nicht weiter von Bedeutung, denn er ist ja nicht mehr der Jüngste. Wir machen ihn startklar, verstauen unser Gepäck und fahren mit den letzten Tropfen im Tank zur nächsten Tankstelle. Für die Überfahrt musste der Tank ja nahezu leer sein. 

Am nächsten Tag steht das Einräumen an. Alles, was mit Muggl gekommen ist, hatten wir seefest in Schachteln verstaut, damit nichts umherfliegt. Ich kann euch sagen, das ist schlimmer als ein Umzug, denn alles muss verstaut werden, und zwar so, dass die Dinge, die man am häufigsten braucht, gut zugänglich sind. Da der Platz begrenzt ist, muss alles wie ein riesiges Puzzle ineinander passen. Beim Umzug hat man oft noch Wochen später ein oder zwei (oder sogar mehr) Kartons herumstehen mit Zeug, für das man noch keinen Platz gefunden hat. Das geht hier nicht! Eineinhalb Tage spielen wir Tetris, bis auch das letzte Kleinteil seinen Platz gefunden hat. In den ersten Tagen wird trotzdem noch umgeräumt, bis wir herausgefunden haben, was wo am praktischsten ist. Das hatten wir komplett unterschätzt! 

Das einzige, was uns jetzt noch von einem entspannten Roadtrip abhält, ist der pfeifende Keilriemen. Muggl hatte beim letzten Check vor der Abreise einen neuen bekommen, der anfangs ein bisschen pfiff, dann aber aufhörte. Jetzt pfeift er fröhlich weiter, was vor allem in den kleinen Ortschaften, durch die wir fahren, ziemlich peinlich ist. Wir fallen farblich ja schon genug auf. Wir beschließen, die kleinste Autowerkstatt am Straßenrand zu suchen (und davon gibt es viele) und lassen den Keilriemen nachspannen. Zuerst stehen wir erstaunten Gesichtern gegenüber: „Was ist denn das? So etwas haben wir ja noch nie gesehen.“ Einer zückt gleich Stift und Zettel, notiert sich Modell und Typ und googelt erst einmal. Amerikaner googeln einfach alles oder schauen sich YouTube-Videos an. Die Jungs kriegen das aber trotzdem recht schnell hin und meinen, so einen sehen sie wohl nicht noch einmal. Wir fahren weiter und freuen uns, dass wir endlich nicht mehr die lautesten auf der Straße sind.

Es geht weiter nach Norden, und da wir meistens Landstraßen fahren, kommen wir an Bauernhöfen und Pferdekutschen der Amish vorbei, nehmen spontan an einem Hot Rod/Vintage Car-Treffen teil und besuchen Farmersmärkte der Mormonen. So arbeiten wir uns ziemlich schnell nach Kanada hoch, denn der Osten der USA ist nicht sehr camperfreundlich. Campingplätze sind selten, und wenn man einen findet, hat er entweder noch nicht geöffnet oder ist wahnsinnig teuer. Free Camping zu finden ist schwer, außerdem müssen wir erst noch herausfinden, wo man darf und wo nicht und wie man solche Plätze findet. Man sagt uns, dass es im Westen viel besser wird. Dort gibt es mehr State Forests und National Forests, wo man kostenlos campen darf, und außerdem BLM-Land, das heißt öffentliches Land, das jedem gehört und jeder nutzen darf.

So übernachten wir, bis wir den Westen endlich erreichen, was ja noch eine Weile dauert, auf Parkplätzen von Supermärkten, Restaurants, Tankstellen, Truckstops und, wenn es denn sein muss, auch auf einem Campingplatz. Oder bei Marc im Gästezimmer, und das ging so: Wir fahren durch Pennsylvania, als wir es verpassen, abzubiegen und umdrehen müssen. Beim Umdrehen sehen wir einen kleinen Park, daneben ein Diner. Weil das so nett aussieht, gehe ich hinein und frage, ob wir in diesem Park übernachten dürften. Linda, die Besitzerin des Diners, meint, im Park wäre das schlecht, weil der Sheriff abends dort seine Runden dreht und uns wegschicken könnte. Aber auf ihrem Parkplatz wären wir herzlich willkommen. Gut, so machen wir das. Wir gehen noch eine kleine Runde im Park spazieren und essen dann eine Kleinigkeit im Diner. Linda fragt uns, was wir machen und woher wir kommen. Als wir sagen, dass wir reisen und aus Deutschland kommen, ist sie ganz begeistert. Sie muss sofort ihren Schwager anrufen, dessen Verlobte bis Juli noch in Deutschland arbeitet und dann pensioniert wird. Zehn Minuten später ist Marc da. Wir unterhalten uns, und er lädt uns zu sich auf ein Bier oder einen Kaffee und in sein Gästezimmer ein, damit wir am Morgen auch noch duschen können. Auch Linda lädt uns zum Dinner ein. Wir sind von der Gastfreundschaft der Amerikaner überwältigt!