Nachdem wir für allerlei Abenteuer zu haben sind und es dazu meist keiner großen Überredungskünste bedarf, machten wir uns kurzerhand auf den Weg nach Flagstaff! Zunächst ging es jedoch weiter Richtung Westen, da wir auf eine Antwort warten mussten. Die Plätze auf dem Campingplatz am Fort Tuthill in Flagstaff, wo die OverlandExpo stattfindet, waren ausgebucht, also mussten wir kreativ werden. Wir durchforsteten die Homepage und meldeten uns in letzter Minute als Freiwillige. Als die Nachricht kam, dass wir uns an zwei Tagen jeweils vier Stunden um die Duschen kümmern könnten und dafür kostenlos und direkt neben den Duschen – wie praktisch – campen dürften, sagten wir sofort zu und änderten unseren Kurs. Schließlich soll dies die größte Messe für Overlander in den USA sein, und wir erwarteten Großes. Etwas wie die Abenteuer Allrad in Bad Kissingen, nur eben viel größer – aber dazu später mehr!
Nach dreieinhalb Tagen Fahrt, Übernachtungen an Truck Stops zwischen riesigen Lastwagen, dem Durchqueren von etwa fünf Klimazonen und Temperaturen zwischen null Grad (Colorado) und 36 Grad (Nebraska), sowie einem Express-Auftrag für Visitenkarten in Albuquerque, erreichten wir am 11. Mai gegen 15:00 Uhr Fort Tuthill in Flagstaff, Arizona. Wir waren ein wenig erstaunt: Es war noch fast nichts aufgebaut, das Areal war relativ klein, und die Organisation war, ich will nicht sagen schlecht, aber nennen wir es minimal. Wir waren gespannt … Vielleicht haben wir als Deutsche und Organisationsmenschen auch einfach zu hohe Ansprüche?
Die OverlandExpo wurde von Reisenden ins Leben gerufen, um sich auszutauschen. Am Anfang war es nur ein Treffen von ein paar wenigen Fahrzeugen, ähnlich wie bei uns diverse Treffen wie das Pritz oder Därr. Das Ganze fand erstmals 2009 statt. Mittlerweile gibt es eine OverlandExpo West, die jedes Jahr im Mai in Flagstaff, Arizona, stattfindet, und eine OverlandExpo East in Asheville, North Carolina, die immer Ende September stattfindet. In Flagstaff waren es dieses Frühjahr mehr als 250 verschiedene Aussteller. Von Fahrzeugausbauern und Allrad-Vermietern bis hin zu Zubehörverkäufern war alles vertreten. Es gab auch ein riesiges Angebot für Motorradreisende sowie zahlreiche Kurse, wie man sich beispielsweise über ein Steinfeld navigiert oder sein Fahrzeug bergen kann, wenn etwas schiefgelaufen ist. Ein Land Rover Parcours (ähnlich wie in Bad Kissingen auf der Abenteuer Allrad), Filmvorträge und vieles mehr rundeten das Angebot ab. Ich würde sagen, das Angebot an Kursen und Vorträgen ist reichhaltiger als das in Bad Kissingen.
Was uns auch auffiel, war, dass die Straßenverkehrsgesetze in Nordamerika VIEL lockerer sind als in Deutschland oder speziell in der Schweiz. Man sieht hier Offroadfahrzeuge, die so hoch aufgebockt sind, dass man fast nicht mehr einsteigen kann. Bei uns würde man so etwas niemals zugelassen bekommen, aber hier in den USA ist das offenbar kein Problem!
Bis die OverlandExpo jedoch die Ausmaße einer Abenteuer Allrad in Bad Kissingen erreicht, wird es sicherlich noch einige Jahre dauern. Ich bin mir gar nicht sicher, ob das jemals der Fall sein wird, denn die Community in Europa wächst ständig, wie man auf dem jährlich wachsenden Campingareal in Bad Kissingen sehen kann. Was beide Messen jedoch gemeinsam haben: Das Interessanteste ist die Camp Area. Man findet die unterschiedlichsten Fahrzeuge und Reisetypen. In den USA gibt es zwar noch weniger Exoten als in Bad Kissingen, aber ich denke, das wird sich in Zukunft ändern, da die Amerikaner sehr interessiert an exotischen Offroad-Fahrzeugen sind, wie wir sie in Europa schon seit Jahrzehnten haben. Hier werden zum Teil auch extra Fernreisende aus aller Welt eingeladen, die ihre Fahrzeuge zeigen und von ihren Reisen erzählen können. Wir haben viele dieser Reisenden kennengelernt und halten auch Kontakt zu dem einen oder anderen. Man trifft sich, wenn man zufällig in derselben Ecke unterwegs ist. Darunter waren viele Schweizer, aber auch Deutsche, die zum Teil schon viele Jahre unterwegs sind. Wenn man sich in dieser Szene bewegt, merkt man erst, wie viele Leute es gibt, die mit dem Fahrzeug um die Welt reisen. Zum Beispiel haben wir ein Schweizer Paar kennengelernt, das sieben Jahre mit dem LandCruiser auf jedem Kontinent dieser Erde war. Es waren aber auch Reisende aus Südamerika oder Südafrika dabei. Für mich waren die Exoten jedoch ein türkisches Paar, das mit einem selbstausgebauten Sprinter um die Welt reist. Dann gab es sogar noch einen Iveco, viel jünger als unserer und viel komfortabler, aber wir waren zum ersten Mal nicht alleine.
Diese Messe hat auf jeden Fall Entwicklungspotential, und wir sind uns sicher, dass sie in den nächsten Jahren noch erheblich wachsen wird. Für uns bleibt jedoch, dass die Abenteuer Allrad auf jeden Fall interessanter ist, und das sehen offenbar auch die Amerikaner so, denn jeder kennt hier das europäische Pendant und träumt davon, eines Tages dort hin zu reisen.
Nach vier spannenden Tagen, zahlreichen interessanten Begegnungen und stundenlangen, teils sehr guten Gesprächen schließt die Messe ihre Tore. Es wird Zeit, aufzubrechen und den ursprünglich geplanten Pfad wieder aufzunehmen (mehr oder weniger zumindest), denn was wir aus dieser Übung gelernt haben, ist, dass ein Plan meistens nicht älter als 24 Stunden wird, bis er durch einen neuen ersetzt wird …